Bentobox in Japan

18. November 2020
Blogbild Bentobox in Japan

Ich liebe Zugfahren in Japan. Vor allem in einem dieser ultraschnellen Shinkansen Züge. Und mit einer Bentobox, welche in einem dieser unzähligen Feinkost-Tempel in den Bahnhöfen verkauft wird. Während ich im Shinkansen bei gefühlten 300 Stundenkilometer durch Japan flitze, konzentriere ich mich fast schon Zen-mäßig auf meine Schmuckschatulle, meine Bentobox.
Der Nachteil am Shinkansen-fahren ist: Ich muss mich jedes Mal mit dem Essen extrem beeilen, weil der Zug soooo schnell fährt... Der Fuji fliegt an mir vorbei und ich merke es kaum, weil ich beschäftigt bin. Mit meiner Bentobox. Ich könnte sie stundenlang betrachten, bevor ich sie überhaupt öffne. Und genießen will ich sie ja auch noch. In Ruhe. Mit Hingabe. Und am liebsten mit einem Asahi Bier.
Auf Deutsch könnte man sie plump als "Brotzeitschachtel" übersetzen. Aber eine Bentobox ist anders. Ganz anders!  Für mich ist sie wie ein mit viel Liebe verpacktes Weihnachtsgeschenk. Und eine kulinarische Liebeserklärung. 

Wenn ich mit dem Zug von Augsburg nach München fahre, dann bekomme ich meist schlechte Laune. Ich kann nichts dagegen tun. Sie ist einfach da. Und geht auch nicht so schnell wieder weg, um ehrlich zu sein. Stickige Luft, Brösel auf den Sitzen, halboffene Mülleimer mit Bananenschalen, klebrige Tische, laut telefonierende Sitznachbarn, halt das ganze Programm. 
Zugfahren geht auch anders. Dafür muss man aber weit fliegen. Nach Japan! Japan, das Land des Lächelns. 
Das Land, wo die Menschen höflich und respektvoll miteinander umgehen. Wo sogar am Bahngleis gelächelt wird. 
Wo Reisen erstaunlich einfach ist, auch wenn man kein Wort Japanisch spricht.

Als wir 2016 zum ersten Mal auf „Anraten“ von Felipe, unserem Tangofreund, nach Japan gereist sind, war ich zunächst skeptisch. Viele Menschen, zuviel Beton & Hochhäuser, alles teuer und verstehen tut man auch nix.
Die üblichen Vorurteile. 
Tja, ich hatte mich kräftig getäuscht. Okay, okay: Beim ersten Mal durften wir fünf Tage mit Felipe & Ayano, seiner japanischen Frau "mitreisen". Ich gebe zu: wir sind den Beiden brav hinterhergedackelt. Ich fühlte mich so, wie sich vermutlich viele meiner Kunden auf meinen eigenen Gruppenreisen fühlen, wenn sie mit mir unterwegs sind. Darauf vertrauend, dass es „Anette schon richtig macht“. So ging es mir jetzt auch. Einfach hinterher... Von Ayano erhielten wir im Schnelldurchlauf eine Blitz-Schulung, wie einfach und komfortabel das Reisen in Japan sein kann. Deshalb wagten wir uns beim nächsten Mal gleich für schlappe vier Wochen nach Japan. Allein.
Die Kirschblüte hatten wir bereits mit Felipe & Ayano gesehen, nun war Herbstlaubgucken angesagt. 
Vom Norden Japans wollten wir bis nach Kyoto reisen. Alles mit Öffis.
Um es vorwegzunehmen: Es war großartig! Ich bin glücklich und zufrieden, wenn ich an diese Reise und an Japan zurückdenke.  

Während sich beim Zugfahren mit der deutschen Bundesbahn meine Stirn meist in unzählige grimmige Falten legt, entspannen sich in Japan meine Gesichtszüge zu einem wohligen breiten Lächeln. Ich verspüre pures Glück. Genau erklären kann ich es auch nicht, warum das so ist. Es ist so sauber. So geordnet. So ohne Verspätung. So ohne Stress.
Und es gibt wahnsinnig viel zu sehen. Vor allem in den Geschäften. Nicht dass ich einkaufssüchtig bin. Aber hier könnte ich es werden... Vor allem in Kyoto.
Der Bahnhof von Kyoto ist neben dem, dass er eben ein moderner sauberer Bahnhof ist, vor allem eins: ein Konsumtempel.  

Neben geschätzten 50 Restaurants im Untergeschoß gibt es hier vor allem hyper-exklusive Feinkostläden, in die ich mich nur zögerlich reintraue, aber überall mit großen Augen staunend davor stehe.  Ich fühle mich wie ein Kind an Weihnachten, das durchs Schlüsselloch schaut und sich auf die Bescherung freut...

Schade, dass ich fast nichts verstehe, denn das mit der japanischen Schrift ist so eine Sache.
Somit lerne ich hier schnell, mich auf Unbekanntes einzulassen. Und meist endet es sowieso mit einem positivem Ausgang. Zumindest in Japan. Mir schmeckt hier fast alles...

HIer haben wir auch recht schnell rausgefunden, dass man am Bahhof hervorragend frühstücken kann.
Egal ob französische Croissants oder feinste Confiserie. Besser und freundlicher geht´s nicht:

Da kann man einfach nicht widerstehen!

Das kulinarische Angebot ist einfach gigantisch. Klar, Kyoto ist Hauptmagnet für Touristen aus aller Welt. Aber vor allem die Japaner kaufen hier Unmengen an  kulinarischen Mitbringseln ein, denn wenn sie etwas verschenken, dann sind es meistens regionale Köstlichkeiten.
Ich komme mir vor wie Alice im Wunderland. Am liebsten will ich alles probieren und in eine grenzenlose Schlemmerei versinken. 

Klaus mahnt zur Eile. Denn wir wollten ja eigentlich Zugfahren. Wie, Eile? Häh? Ich bin im siebten Himmel!
Eigentlich fahren laufend Züge, will ich erwidern.  Ich hab grad so gar keine Lust, auf`s Gleis zu kommen. 

Nun, ich lass mich überreden. Wir wollten ja auch nur "was Kleines" zum Essen für die Zugfahrt nach Kanazawa kaufen. Keine Diamantkette.  Nur Essen. Und da haben wir die Qual der Wahl...

Wie kann man sich hier nur entscheiden???

Irgendwann habe ich dann doch ausgewählt. Ohne genau zu wissen, was drin ist. 
Eine Bentobox ist fast wie ein Überraschungs-Ei. Für Erwachsene. Für die, die gerne und gut essen möchten. Für mich. 
Ach ja, und diese Boxen sind durchaus erschwinglich. Für durchschnittlich 10 - 15 € bekommt man solch ein Schmuckstück! 

Volltreffer. So schön, so viel drin und so lecker.

Wir sitzen im blitzblanken Zug, wir genießen und wir fühlen uns wie Gott in Japan.
Und freuen uns schon auf die Rückfahrt am Abend. Warum wohl?  Kampai  - Prost!

Kommentare (0)

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail wird nicht veröffentlicht! Notwendige Felder sind mit einem * markiert.

Erlaubte Tags: <b><i><br>