Menschlich sein

08. Januar 2021
Blogbild Menschlich sein

Gerne möchte ich zum Jahresanfang mit diesem kleinen Beitrag ein wenig zum Nachdenken animieren.
Bereits im Spätsommer erreichten mich die Worte „Menschlich sein“ als Überschrift zu einem Newsletter aus Kambodscha. Von Sara & Paul.  Jetzt, zum Jahreswechsel kam eine Mail mit dem Betreff „Dankbarkeit“. 
Warum ich darüber in meinem kleinen Blog schreibe?
Weil es wichtig ist. Und weil es mich fasziniert, was man Alles bewegen kann. Auch mit Kochen. 

HEUTE EIN UPDATE, 15. März 2021: hier der brandaktuelle Newsletter vom März 2021.
Auch wieder sehr lesenswert und beeindruckend. 

Ich kenne Sara & Paul seit mehreren Jahren. Jedes Mal, wenn ich während meiner Kleingruppenreise durch Fernost nach Angkor Wat in Kambodscha komme, besuchen wir sie in ihrem Restaurant Haven
Beim letzten Mal im November 2019 gleich mehrmals. Denn es ist nicht nur die leckere Küche, die uns so magisch anzieht. Es sind Sara & Paul, sowie die Menschen in ihrer Küche, die uns so sehr beeindrucken. 

Hier wird man mit einem Lächeln begrüßt. Und dann ist es auch noch so lecker: Fischfilet mit grüner Mango & Khmer Curry mit Austernpilzen. 

Für „daheim“ in Deutschland habe ich den Newsletter vom Haven abonniert und bin somit zumindest ein klein wenig up-to-date, was im Haven so passiert. Vor kurzem erhielt ich Saras Nachrichten und ich war wieder mal zutiefst berührt. Berührt davon, wie sich Menschen so menschlich für Andere einsetzen. Und berührt davon, wie viel Optimismus sie trotz schwierigster Bedingungen vor Ort verbreiten und wieviel sie dazu beitragen, dass es einigen jungen Menschen besser geht.
Das Haven ist ein Ausbildungs-Restaurant in Siam Reap in Kambodscha. 
Zu den weltberühmten Tempelanlagen von Angkor Wat ist es nicht weit und normalerweise wird Angkor Wat jedes Jahr von Tausenden Touristen besucht. Somit ist der Tourismus dort eine überlebens-wichtige Einnahmequelle für viele Menschen. Es gibt neben den Ausgrabungen von Angkor Wat unzählige Tempel, teilweise bizarr von der Vegetation verwittert oder eingewachsen. Umso faszinierender für uns Touristen. Und auch deshalb fahre ich immer wieder nach Siam Reap.

Vor knapp zehn Jahren haben Sara und Paul, gebürtig aus der Schweiz, hier in Siam Reap ihr Projekt Haven in´s Leben gerufen.
Mittlerweile haben sie mehr als 70 jungen Menschen eine fundierte Ausbildung ermöglicht! 
Wenn man ihr schönes Lokal betritt, dann spürt man sofort diese ganz besondere Atmosphäre der Mitmenschlichkeit. Liegt es an der herzlichen Begrüßung im charmantesten Schweizerdeutsch, wenn uns Sara anstrahlt und uns zum Tisch führt? Oder wenn wir die erste Getränkebestellung aufgeben und wir das Lächeln & das Miteinander des jungen Teams spüren dürfen? Die Jugendlichen sind hochmotiviert und man spürt förmlich ihre Freude am Arbeiten und auch am Lernen.
Ich wünsche mir oft, wir könnten in unserem „Erste Welt Land D...“  doch auch mal wieder so freudestrahlend in Restaurants empfangen werden…

Jedes Jahr im September startet im Haven ein neues Ausbildungsprogramm zum Koch oder für den Service. 
Die Ausbildung dauert 12 Monate und die Jugendlichen erhalten nicht nur eine umfassende Schulung durch Unterricht in Praxis & Theorie. Sie erhalten auch ein Zuhause, ein schützendes Dach über dem Kopf.
Daher auch der Name Haven = Hafen/Zufluchtsort.
In dieser familiären Atmosphäre gibt es eine Art Rundumbetreuung, zu der auch Hygiene, Körperpflege, Arztbesuche, gesunde Ernährung, Englisch-Unterricht und vieles mehr gehört.
Während ihrer Ausbildung wird den jungen Menschen zusätzlich eine Praktikums-Stelle in andere Hotels & Restaurants vermittelt, um ihnen weiterführende Erfahrung, sowie Erfolgserlebnisse und ein gestärktes Selbstwertgefühl außerhalb ihres sicheren Hafens, dem Haven, zu ermöglichen.
Die meisten können anschließend eine Arbeitsstelle in den örtlichen Hotels und Restaurants antreten und somit selbstbestimmt leben. 

Vor allem in der Region Siam Reap/Angkor Wat leben überproportional viele Menschen vom Tourismus.
Und genau da startet momentan das Problem. Corona findet nicht nur bei uns statt, sondern betrifft sehr stark Länder wie Kambodscha. Da, wo es zur Zeit gar nicht so viele Fälle wie bei uns gibt. Aber die Not groß ist, weil der internationale Tourismus komplett zusammengebrochen ist. In Ländern wie Kambodscha, wo es so gut wie gar keine soziale Absicherung gibt.

Sara schrieb im Spätsommer zur allgemeinen Situation: 
„Aber Kambodschaner wären keine Kambodschaner, wenn sie ihre Widerstandsfähigkeit nicht hätten. Eine Eigenschaft, die ich zutiefst bewundere.  Abgesehen von dem üblichen Smalltalk darüber, "wie schwierig es im Moment ist, aber dass es ja allen gleich geht", gibt es kein Klagen. Stattdessen finden die Khmer andere Wege, sich durch die Krise zu manövrieren.  So sind viele zurück aufs Land und arbeiten auf Reisfeldern (das sieht schön aus auf Fotos, ist aber eine Knochenarbeit!) oder sammeln Schnecken, kleine Krebse und kleine Fische, die sie essen können. Wenn sie selber etwas Land besitzen, bauen sie ihr eigenes Gemüse an und verkaufen es vor ihrer Hütte. Andere, die in der Stadt geblieben sind, stellen am Strassenrand einen kleinen Stand auf und verkaufen dampfende Nudeln, Waffeln, Rohrzuckersaft oder kalte Getränke aus orangen Kühlboxen. An manchen Tagen verdienen sie damit 1 bis 3 US Dollar. An anderen Tagen gar nichts. Selbst wenn sie sieben Tage die Woche arbeiten, kommen sie kaum über die Runden. Aber es ist Arbeit und es ist Hoffnung. Und das reicht diesen erstaunlich bescheidenen und starken Menschen bereits, um weiter zu machen und jeden Tag so zu nehmen, wie er kommt“.

Könnt Ihr Euch das vorstellen? Die meisten bei uns in Deutschland leben da doch sehr verwöhnt und mit anderen Ansichten und Ansprüchen.
Natürlich haben auch Sara und Paul sich wieder einiges einfallen lassen und geben nicht auf. Ich frage mich manchmal, woher sie all diese Energie in diesen Zeiten schöpfen. Es ist wohl wahre Nächstenliebe und der ehrliche Wille, zu helfen.
Vor Kurzem haben sie im Haven neue Nachbarn bekommen und sind nun mit einer Kaffeerösterei durch einen  gemeinsamen Garten verbunden. Zumindest gibt es momentan ein paar wenige Gäste aus Pnomh Penh, aber natürlich immer noch keine internationale Touristen. Das wird wohl auch noch dauern.
Eigentlich kann einem da schnell das Lachen vergehen, aber hier geben sie so schnell nicht auf. 

Mir hat das Schreiben von Sara wieder die Augen geöffnet. Wie gut es mir geht. Trotz Corona Krise. Auch wenn ich als kleine Reise-Veranstalterin momentan keine wirklich rosaroten Aussichten für die nächsten Monate habe, so geht es mir in Deutschland vergleichsweise mehr als gut.  
Was Sara und Paul im Kambodscha leisten, das ist mehr als eine großartige Leistung und verdient größte Anerkennung und Respekt. Es ist wichtig, dass es solche Menschen gibt. 

Wenn Ihr mehr dazu erfahren wollt, könnt Ihr hier vieles nachlesen und Euch natürlich auch engagieren und spenden. Man kann auch aus der Ferne etwas Gutes tun.
Newsletter: MENSCHLICH SEIN
Newsletter: DANKBAR SEIN

Hier geht´s zum Haven:
Webseite Restaurant Haven

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